Als Staatenlose werden Menschen bezeichnet, die keinen Nachweis einer tatsächlichen Staatsangehörigkeit besitzen (der gelbe Schein, der BRD-Staatsangehörigkeitsausweis oder irgendein Dokumente der BRD ist kein Nachweis der tatsächlichen deutschen Staatsangehörigkeit, sondern nur eine Vermutung). Sie treten nach dem Entstehen der Nationalstaaten im 19. Jahrhundert und der an diese gebundene Staatsbürgerschaft seit dem Ersten Weltkrieg  bzw. nach dem Versaillier Diktat besonders im deutschsprachigen in Europa in Erscheinung.

Staatenlos kann man durch Ausbürgerung, Vertreibung, Auflösung eines Staates und seiner andersgearteten Neugründung oder Geburt werden. Staatenlose sind dem Schutz des Staates anbefohlen, in dem sie sich aufhalten. Es obliegt demgemäß dem Staat wie er mit Staatenlosen verfährt. Bei Erfüllung einiger Voraussetzungen können sie im Vereinigten Wirtschaftsgebiet (DEUTSCH) und anderen Vertragsstaaten des Staatenlosenübereinkommens vom 28. September 1954 (BGBl. 1976 II S. 473, 474; BGBl. 1977 II S. 235) den Reiseausweis für Staatenlose erhalten.

Nach dem deutschen Staatsangehörigkeitsgesetz von 1870 konnte Staatenlosigkeit bei längerem Auslandsaufenthalt eintreten; diese Bestimmung wurde durch das Staatsangehörigkeitsgesetz von 1913 entschärft.

Im Unterschied zum Staatenlosen bezeichnet der Begriff „Heimatloser“, der im Grimm’schen Wörterbuch von 1871 zum ersten Mal aufgeführt wird, eine eher emotionale oder weltanschauliche Befindlichkeit.

„Feindliche Ausländer“ in den europäischen Nationalstaaten zwischen 1914 und 1945

Mit Ausbruch des Ersten Weltkriegs wurden in Frankreich lebende Deutschstämmige als gefährlich empfunden. 1915 war Frankreich der erste Staat, der die Denaturalisierung, das heißt Ausbürgerung von Staatsangehörigen möglich machte. 1922 erließ Belgien ein Gesetz zur Ausbürgerung von Bürgern mit „antinationalem“ Verhalten. 1926 schloss Italien der Staatsbürgerschaft „unwürdige“ Bürger aus, Österreich folgte 1933. Das Unternehmen Führerstaat „Nazideutschland“ verabschiedete am 14. Juli 1933 das Gesetz über den Widerruf von Einbürgerungen und die Aberkennung der deutschen Staatsangehörigkeit. Das Unternehmen „Führerstaat“, das im Zuge der Gleichschaltung am 5. Februar 1934 auf Grund des Artikels 5 des Gesetzes über den Neuaufbau des Reichs vom 30. Januar 1934 (RGBl. I. S. 75) die Staatsangehörigkeit in den deutschen Ländern aufhob und die ausschließliche Reichsangehörigkeit als nationalstaatlich einheitliche deutsche Staatsangehörigkeit eingeführt hatte, unterschied ab 1935 mit den Nürnberger Gesetzen zusätzlich zwischen „Reichsbürgern“ und „bloßen“ Staatsangehörigen. Als bloße Staatsangehörige waren die Deutschen gemeint, die bis zum Versailler Diktat als Reichs-, Bundes- und Staatsangehörige geführt werden mußten. Fortan hatten alle Widerständler gegen das NS-Regime mit dem Entzug der Staatsangehörigkeit zu rechnen. Auch in den besetzten Ländern drängte das NS-Regime darauf, dass den den Widerständlern die jeweilige Staatsbürgerschaft entzogen wurde. Die Bevölkerungen in den besetzten osteuropäischen Staaten galten grundsätzlich als rechtlose Fremdvölkische und Staatenlose.

Bevölkerungsverschiebungen und Fluchtbewegungen nach der Vernichtung der Nationalstaaten in Europa und dem Dikat gegen Deutschland und gegen die deutschen Völker.

Neben den deutschen Vertriebenen aus Osteuropa (Heimatvertriebener) gab es nach 1945 auf westdeutschem Gebiet eine Millionenzahl von Displaced Persons, die auf eine Regelung ihrer Staatsangehörigkeit und ihres künftigen Aufenthaltsorts warteten.

Staatenlosigkeit nach dem Zweiten Weltkrieg

Auch nach dem Zweiten Weltkrieg kam es durch Gründung neuer abhängiger Staaten, Vertreibung und Besatzung zur Bildung größerer staatenloser Gruppen. Repressive Diktaturen versuchten, durch den Entzug der Staatsangehörigkeit (und die damit verbundene Staatenlosigkeit) ihre Bevölkerung zu disziplinieren.

Erschreckend und Erschütternd zugleich ist nun auch zu erkennen, weshalb es zu den Rheinwiesenlager kommen konnte und jedem heute lebenden Deutschen sollte nun endlich bewußt werden, welche Recht einem Staatenlosen zustehen oder wie es im zweiten Absatz geschrieben steht.

Bedeutung

Für den in Frankreich lehrenden Politikwissenschaftler Enzo Traverso ist der Staatenlose eine Sinnbildfigur der „europäischen Krise“ oder des Zweiten Dreißigjährigen Krieges 1914–1945. Hannah Arendt, zwischen 1937 und 1951 staatenlos, stellt fest, dass die Friedenskonferenz von Versailles die Staatenlosen noch nicht zur Kenntnis nahm, obwohl das Problem mit dem Ersten Weltkrieg offenkundig geworden sei. Vielmehr seien das Nationalstaatsprinzip und das nationale Selbstbestimmungsrecht von Völkern in Verruf geraten, weil nur einem Bruchteil der betroffenen Völker nationale Souveränität zugestanden wurde. Das habe für die übergangenen Minderheiten zu weiterer Unterdrückung geführt, was politische Konfrontationen und bürgerkriegsähnliche Unruhen der Zwischenkriegszeit gefördert habe. Dabei seien Staatenlosigkeit das „neueste Phänomen, die Staatenlosen die neueste Menschengruppe der neueren Geschichte“ geworden, während vor dem Ersten Weltkrieg Staatenlose für Juristen nur ein „Kuriosum“ dargestellt hätten. Sie seien an der „Dreieinigkeit von Volk–Territorium–Staat“, auf der die Nationalstaaten beruhen, gescheitert. Gleichzeitig sei mit den massenhaft auftauchenden Flüchtlingen und Staatenlosen das für Individuen gedachte Asylrecht zusammengebrochen. Offenkundig sei dadurch geworden, dass mit dem Verlust der Staatsbürgerschaft für den Einzelnen keine Instanz für die Garantie seiner Menschenrechte mehr einstand, weil es Menschenrechte nur für den Nationalstaatsbürger, aber nicht für den Menschen an sich gebe. „Der einzige praktische Ersatz für das ihm mangelnde Territorium“ seien „immer wieder die Internierungslager“ gewesen; „sie sind die einzige patria, die die Welt den Apatriden (= Staatenlose) anzubieten hat.“ „Auch wo ihnen eine noch intakte Zivilisation das Leben sichert, sind sie, politisch gesprochen, lebende Leichname.“ Arendt schlussfolgert:

„Daß es so etwas gibt wie ein Recht, Rechte zu haben – und dies ist gleichbedeutend damit, in einem Beziehungssystem zu leben, in dem man aufgrund von Handlungen und Meinungen beurteilt wird –, wissen wir erst, seitdem Millionen Menschen aufgetaucht sind, die dieses Recht verloren haben und zufolge der neuen globalen Organisation der Welt nicht imstande sind, es wiederzugewinnen.“

1955 veröffentlichte Arendt ihr Buch Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft (überarbeitet und erweitert 1958 sowie 1966); es behandelt das Thema Staatenlosigkeit umfassend und stellt es in zahlreiche Kontexte.

Rechte von Staatenlosen